Patricia von Falkenstein

Home-Office

Im Büro von Patricia von Falkenstein wird fleißig gearbeitet, das sieht man. Selbst der Holztisch, der eigentlich fürs Fotoalbumkleben reserviert wäre, ist mit Zeitungsausschnitten, politischen Dossiers, Akten und formellen Schreiben übersät. „Ich muss hier wieder einmal für Ordnung sorgen“, sagt von Falkenstein und lacht. Dass sie sich hier wohl fühlt und konzentriert arbeiten kann, ist nachvollziehbar: Die hohen Fenster spenden Licht, das alte Parkett knarrt heimelig, im Büro hängen neben Kunst auch Fotos und selbstgemalte Zeichnungen der Kinder. „Ich bin in der Tat sehr gerne hier“, sagt die Politikerin. Das Haus im Gellert-Quartier, Baujahr 1896, ist ein Schmuckstück. Von Falkenstein hat es im Jahr 2003 via Zeitungsinserat entdeckt und sich bei der Besichtigung gleich in die Liegenschaft verliebt. Es habe natürlich zahlreiche Interessenten gehabt. „Der Verkäufer war sehr fair. Er meinte, wer sich zuerst für den Kauf entscheidet, erhält den Zuschlag.“ Dank der finanziellen Unterstützung ihrer Familie konnte sie das Haus kaufen, baute eine neue Küche und ein neues Bad ein, brachte den weitläufigen Garten auf Vordermann.

Mit viel Liebe zum Detail richtete von Falkenstein den Altbau ein, schuf ein Zuhause, das sie ruhiger gemacht habe. „In jungen Jahren war ich wirklich viel und gerne unterwegs. Heute brauche ich das alles nicht mehr. Ich geniesse es, mit meinen Kindern zu Abend zu essen, Freunde zu bekochen, ein Buch zu lesen, oder eben – zu arbeiten“, meint sie schmunzelnd.

Und die Arbeit geht der Präsidentin der Liberal-Demokratischen Partei, kurz LDP, bestimmt nie aus. Woher sie als zweifache alleinerziehende Mutter die Energie denn nimmt, für die Politik, aber auch für ihre zahlreichen ehrenamtlichen Tätigkeiten? „Diese Frage habe ich mir nie gestellt. Alles, was ich mache, mache ich gerne und aus voller Überzeugung. Dass mir alles einmal über den Kopf wachsen könnte, dieses Gefühl hatte ich nie.“

Patricia von Falkenstein ist in Zürich geboren und kam im Alter von sechs Jahren in die Region. Aufgewachsen ist sie mit ihren Eltern und dem jüngeren Bruder in Oberwil. Die eidgenössische Maturität machte sie in der Minerva an der Austrasse. Erst mit 26, als sie ihr Lizentiat in Jura abschloss, zog sie in die Stadt, in eine Wohnung, die sie mit ihrem damaligen Partner teilte. „Das war auch eine finanzielle Frage, denn ich wollte noch ein Studium der Kunstgeschichte anhängen.“ Nebenher habe sie immer gearbeitet, beim Coiffeur, beim Gärtner oder auch in einer Bar. „Meine Eltern waren immer grosszügig, haben mich finanziell unterstützt. Trotzdem war es mir wichtig, mein eigenes Geld zu verdienen.“

Als sich von Falkenstein für eine Studienarbeit mit dem Thema »Verbände und Parteien« beschäftigte, lernte sie den damaligen Basler Gewerbe-Direktor kennen. Sie verliebte sich in ihn. Da er im Basler Parlament sass, „schlitterte“ sie durch ihn langsam in die Politik hinein. „1991 kam die Anfrage vom damaligen Ständeratskandidaten Ueli Vischer, die Administration des Wahlkampfes zu übernehmen. Da nahm ich an Strategiesitzungen, an Seminaren teil und setzte mich erstmals intensiv mit politischen Abläufen auseinander.“ Es folgten weitere Ämter, sie übernahm das Parteisekretariat der LDP und war bis zur Geburt ihrer ersten Tochter Annina Kommunikationsleiterin der Uhren- und Schmuckmesse bei der Messe Basel. Damals, 1997, wurde sie ausserdem ins Basler Strafgericht gewählt. „Was ich aus diesen zehn Jahren mitnehme: Dass man Menschen nie vorverurteilen sollte. Eine Akte enthält Fakten, klar, aber die persönliche Geschichte eines Angeklagten, teilweise waren da Dramen, traurige Familienumstände, die können wir erst im Verlauf des Prozesses näher ergründen.“

Bis heute versucht Patricia von Falkenstein, sich erst umfassend zu informieren und dann ein Urteil, einen Entscheid zu fällen, allfällige Allianzen einzugehen oder vor das Rednerpult im Parlament zu stehen und ihre Meinung „klipp und klar“ zu äussern. Wobei das etwas sei, das ihr nicht liege, sich vor Leuten präsentieren und frei reden, „daran muss ich noch arbeiten“.

Von Falkenstein ist selbstkritisch, das merkt man, Eigenlob ist ihrer Meinung nach nicht angebracht. Sie sei eher der Macher-Typ, unter dem Motto „Es gibt Leistung ohne Erfolg, aber keinen Erfolg ohne Leistung“. Und wie schätzt sie sich selber als Mutter ein? „Meine Kinder sind das Wichtigste für mich. Ich wollte unbedingt Kinder haben. Ich habe mich bewusst für sie entschieden und möchte so viel Zeit wie möglich mir ihnen verbringen.“ Sie geniesst es, wenn die Freunde ihrer Kinder vorbeikommen, sich an die lange Tafel in der Küche setzen, im Wohnzimmer PlayStation spielen und damit dem grosszügigen Haus Leben einhauchen. Sie macht auch kein Geheimnis daraus, dass sie sich noch mehr Kinder gewünscht hätte. Quasi eine halbe Fussballmannschaft. Dass sie auch diese ohne Probleme, charmant und galant gemanagt hätte – daran kommt kein Zweifel auf.

Veröffentlichung: 16. Februar 2016

Basel – Porträt einer Stadt, Denise Muchenberger